Rückbau von Brücken - eine Ingenieuraufgabe!

Gregor Schacht Artikel veröffentlicht: 25.06.2018 | überarbeitet: 12.08.2018

Der Rückbau von Autobahnbrücken und von großen Ingenieurbauwerken bekommt in Deutschland eine zunehmende Bedeutung.

Anwendungen

Analog zum Neubau müssen die Rückbauzustände von großen Bauwerken ingenieurmäßig untersucht und die Standsicherheit für die Bauzustände nachgewiesen werden. Für Bauingenieure ergeben sich hier neue Herausforderungen, die innovative Lösungsansätze und kombinierte Nachweise aus rechnerischen und experimentellen Untersuchungen verlangen.

Im Zuge der zahlreichen Ersatzneubauten für Brücken in Deutschland werden in beengten Tälern oder in unmittelbarer Nähe zu unter Verkehr stehenden Überbauten neue Konzepte für den ingenieurmäßigen Rückbau notwendig. Die Auswahl der am besten geeigneten Rückbautechnologie ist neben der Talsituation auch davon abhängig, ob sich in unmittelbarer Nähe neue oder alte Bauwerke befinden, welches Tragsystem die Brücke besitzt und welche wirtschaftlichen Vorteile sich daraus ergeben. Oft ergeben sich aber auch Zwangspunkte aus Fragen der Lärm-, Erschütterungs- oder Staubbelästigung der Umgebung.

Grundlagen für die Rückbauplanung

Kenntnisse über das Bauverfahren, das Baujahr, die damals gültigen Vorschriften und verwendeten Rechenmethoden, die zahlreichen und verschiedenen Spannsysteme sowie deren konstruktive Details sind unabdingbar. Für die Bewertung bestehender Spannbetonbrücken ist zudem das Verständnis über die entwicklungstechnischen Besonderheiten des damals jungen Spannbetonbaus erforderlich.

Weiterhin müssen die Zustandsentwicklung des Tragwerks oder zurückliegende Instandsetzungsarbeiten recherchiert und in der Planung berücksichtigt werden. Ziel ist die Einschätzung von Vorschädigungen, Schwächungen oder Tragreserven der Brücken, die einen planmäßig statisch stabilen Tragwerksrückbau in allen Bauzuständen gewährleisten. Anders als beim Neubau muss der Ingenieur hier „rückwärts“ denken, um entsprechende Bauzustände zu entwerfen, die statisch-konstruktiv im Bestand mit den vorhandenen Querschnitten und Tragreserven nachweisbar sind.

Bohrkernentnahme zur Erkundung von Spanngliedern
Rückdehnungsmessungen an Spanngliedern
Geometrieerfassung
Probenentnahmen für Geometrie- und Gewichtsbestimmung

Aufgaben des Tragwerksplaners

Die Tragwerksplanung eines Rückbaus etnspricht wie die Nachrechnung einer Aufgabe des Bauens im Bestand.

Beim Rückbau von Brücken muss die Standsicherheit für alle temporären Rückbau- oder Demontagezustände nachgewiesen werden. Erfolgt der Rückbau nach der gleichen Technologie wie die Herstellung, können die erforderlichen statischen Nachweise i. Allg. über Vergleiche mit vorhandenen statischen Berechnungen geführt werden. Weichen die Rückbauzustände und die zugehörigen Beanspruchungen von den ursprünglichen Montagezuständen ab, müssen die erforderlichen Standsicherheitsnachweise neu erbracht werden. Dies ist oft schwierig, da eine erforderliche Bewehrung für diese neuen Tragwerkszustände planmäßig nicht vorhanden ist und dann nachträgliche Verstärkungen erforderlich sind. Schwierigkeiten können auch aus konstruktiven Schwachstellen resultieren, die nicht mit den heutigen Regeln der Technik übereinstimmen, wie Mindestbewehrung oder Konstruktionsregeln.

Bei Spannbetonbrücken ergibt sich die besondere Problematik, dass beim Rückbau zwangsläufig auch Spannglieder durchtrennt werden und diese dann nicht mehr planmäßig verankert sind. Die nachträgliche Verankerung von Spanngliedern ist besonders zu bewerten, wenn der Rückbau nicht entgegen der Herstellrichtung erfolgt. Hierbei können unplanmäßige Zustände eintreten, bei denen Spannglieder keine zulassungsgemäße Verankerung mehr haben.

Rückbau auf Vorschubrüstung
Abbruchbagger
Trennschnitt zur Spanngliedprüfung
Traggerüstverformung

Kommen für den Rückbau spezielle Traggerüste zum Einsatz, ist eine enge Abstimmung und Interaktion zwischen den Tragwerksplanern der Brücke und des Traggerüsts erforderlich. Dies umfasst alle Bereiche der Montage der Traggerüste sowie die damit verbundenen hohen lokalen Lasten aus Kranen, Windaussteifungen, Längsfesthaltungen, Hilfsunterstützungen und Gründungen.

Wir arbeiten in der Entwurfs- und Ausführungsplanung von Rückbauprojekten für öffentliche Bauherren und Baufirmen im Brückenbau.

Informieren Sie sich über unsere Rückbauprojekte

Lahntalbrücke Limburg